Kaschemme

Die Kaschemme existiert erst seit 2014 und ist ein Projekt des in Basel bereits bekannten DJ-Duos „Goldfinger Brothers“. Diese legen vor allem basslastige Bretter auf, irgendwo zwischen Grime und Dubstep – in ihrem neuen Club lassen sie aber auch mal Rapper und Garagenrock-Bands auf die Bühne. Der Name ist Programm und so will man hier nicht chic sein, sondern feiern. Etwas versteckt hinter dem Stadion des FC Basel, Stadtplan (oder Smartphone) mitnehmen!

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Zwei Jahre Kaschemme: Ein randständiger Club mit grossem Herz

Die Kaschemme hat zwei bewegte Jahre hinter sich: Der Club wurde vom Lärmschutz-Dummie der Behörden zur wichtigen Live-Bühne der Stadt. Und dabei im Do-it-Yourself-Stil weiterentwickelt, ganz im Sinne der Betreiber Eres Oron und Marco Schmutz.

Eres Oron und Marco Schmutz

Die Kaschemme hat zwei bewegte Jahre hinter sich: Der Club wurde vom Lärmschutz-Dummie der Behörden zur wichtigen Live-Bühne der Stadt. Und dabei im Do-it-Yourself-Stil weiterentwickelt, ganz im Sinne der Betreiber Eres Oron und Marco Schmutz.

Basel tanzt chic. Immer mehr Clubs sind in denselben Händen, und egal ob Neu- oder Umbau: Die Investoren setzen auf gepflegtes Ambiente. Die Kaschemme hinter dem Joggeli trotzt diesem Trend wie das gallische Dorf den Römern.

Mit dem Bretterverschlag um das Clubgelände wirkt die Kaschemme von aussen wie eine Trutzburg. Einmal drin, entpuppt sich das Holz als Rückwand einladender Sitznischen, die wie Strandkörbe den lauschigen Clubgarten umrunden. Ein Potpourri aus Polstern und Paletten verströmt das Flair wilden Feierns in gemütlichem Ambiente.

Die drei Kaschemme-Macher haben ihren Club auf das Zwei-Jahre-Jubiläum hin eigenhändig umgebaut. «Das Material im Garten stammt von anderen Basler Clubs», so Eres Oron. Er ist im Dreierteam für das Musikalische und Technische Zuständig. «Und drinnen haben wir nun die Licht- und Monitoranlage der Kuppel», ergänzt Finanzchef Marco Schmutz, «anders hätten wir uns das Material nicht leisten können.» 

Der Geist des Selbermachens

Das Club-Recycling – natürlich nur ausgewählter Teile – pflegt die Kaschemme seit Beginn. Hier stehen weder Investoren noch sonstige potente Geldtöpfe mit Konzept im Hintergrund wie bei anderen Clubneueröffnungen in Basel. Während die auf chic und schicker setzen, ist die Kaschemme ein klassischer alternativer Club.

Der Begriff klingt angestaubt, nach 90er-Jahre. Der Geist des Selbermachens, Improvisierens, Unfertigen steckte damals in Orten wie dem Stücki, Bell, Schlotterbeck oder anfangs auch dem nt-Areal. Legendäre Orte mit Herz und Charakter, von denen in Basel bis heute geschwärmt wird. Alternativ steht denn auch nicht für alt, sondern Haltung. Für den Gegenentwurf zum keimfreien Ambiente polierter Konsumtempel, wo der Töggelikasten keine zwei Franken kostet und der Long Drink auch im schirmfreien Plastikbecher schmeckt.

Mit der Hilfe von Freunden

Doch bei aller Haltung: Das Herzstück eines Clubs ist der Sound. Auch hier fand die Kaschemme eine Lösung und finanzierte mit Crowdfunding die alte Soundanlage des Nordstern. Für Musik, die hauptsächlich von Bass lebt: Funk, Hip-Hop, Reggae oder Elektronik. 

Von den Unterstützern erhielten die Macher fast doppelt soviel wie die benötigten 7’500 Franken. «Ohne Freunde und Sympathisanten, die uns mit Geld, Hand oder Hirn unterstützen, gäbe es die Kaschemme nicht», so Schmutz.

Auch eine Bühne für Gitarrenbands

Heute schwärmen nicht nur Technoheads und Black-Music Bassfreunde von der Anlage. Für viele Bands ist es derzeit die einzige (legale) Spielmöglichkeit in der Stadt.

Man sprach ja in Basel mal vom Clubsterben. Wirklich Mangel herrscht aktuell, da die Kuppel und das Parterre neu- respektive umgebaut werden, nur an Konzertbühnen mit einer Kapazität für 150 bis 300 Leute.    

Dass in der Kaschemme Livekonzerte mit Druck gespielt werden können, haben mit Keskiviikko und Deep Drone auch zwei Veranstalter von schwerer Gitarrenmusik entdeckt. «Dank diesen Konzerten hab ich meine Liebe zum Rock wieder gefunden», schwärmt Schmutz, der früher selbst in einer Band am Schlagzeug sass. Auch Oron, der aus dem Hip-Hop stammt und als DJ Montes mit seinem Bruder Janiv als Goldfinger Brothers die Leute zum Tanzen bringt, nennt als Highlight der letzten zwei Jahre Lord Kessli and the Drums und die japanischen Psychedelic Gurus Acid Mothers Temple.

Täglich fragen internationale Bands an

Heute lockt wöchentlich mindestens ein Konzert in die Kaschemme. Dadurch merken immer mehr Leute, dass die Kaschemme gar nicht so weit weg ist. Und den Musikern scheint es ebenfalls zu gefallen. Oron: «Ich bekomme täglich fünf Anfragen von internationalen Bands.» 

Auch die Basler Szene ist quer durch alle Stile vertreten. Selbst für unkonventionelle Projekte ist Platz, wie die BPM Generation von Schlagzeuger Simon Wunderlin, wo analoge Instrumente auf elektronische Musiker treffen. Die Bedeutung der Bühne für die Szene hat auch der RFV Basel bemerkt. Er unterstützt die Kaschemme mit 5000 Franken jährlich – bei gut 50 Konzerten macht das 100 Franken pro Show. Schmutz: «Logisch hätten wir lieber mehr, dann könnten wir auch mehr machen. Dieses Geld ist ein Tropfen auf den heissen Stein, aber ein sehr cooler.»

Der Ärger mit der «Bassbremse»

Immerhin ist es Geld von den Kantonen. Ansonsten kosten die Kontakte zu deren offiziellen Stellen nur. Als die Kaschemme vor zwei Jahren eröffnet wurde, machte auch eine neue Lärmschutzverordnung die Runde. Schnell wurde der Begriff «Bassbremse» zum Musikszene-Unwort des Jahres. Es schien zeitweise, als wollten die Behörden am Beispiel des neuen Clubs in der Breite ein Exempel statuieren. Unklare Vorgaben und ungültige Messungen, weil die regelmässig rangierenden Züge zu laut waren – kein Wunder, platzte Schmutz bei einer Podiumsdiskussion zum Bass in der Kaserne der Kragen.

Heute hat man sich ausgesprochen und gefunden. Der Club wurde sogar zum Dummie für neue Messmethoden. Schmutz: «Der Kontakt mit den Behörden ist anständiger Art, doch kann man nicht gerade von einem guten Draht reden.» Dafür, dass der Club in den zwei Jahren 16 Arbeitsplätze schuf, vermisst er ein gewisses Dienstleistungsbewusstsein. «Behörden sind Behörden», wiegelt Oron ab, «kommen sie, um die neue Aussenbar abzunehmen, sagen sie nicht einmal etwas Anerkennendes wie ‹oh, schön geworden›, sondern bemängeln gleich etwas anderes auf dem Gelände.»

Das schmerzt natürlich umso mehr, wenn man alles eigenhändig baut. Umso zufriedener gucken die beiden auf das frisch umgestaltete Werk. Daniel Henke, der dritte im Kaschemme-Bund, fehlt an diesem Tag. Er betreut seine Kinder. Auch Schmutz und Oron sind Familienväter. Die Kombination führt zu Events wie den sonntäglichen Kinderdiscos. 

Der Mietvertrag ist verlängert worden

In Zukunft sei noch anderes geplant, um das vielfältige Programm zu ergänzen. Spruchreif ist bislang nur der Fussballgarten während der Europameisterschaften. Oron: «Danach ist Sommerpause. Die nutzen wir für eine Generalüberholung und ein, zwei Verbesserungen.» Der letzte Stein im «Mosaik» – wie Schmutz es mit Blick in den Garten nennt – sei noch lange nicht gesetzt.

Der anfänglich auf drei Jahre befristete Vertrag wurde jedenfalls verlängert. Schmutz: «Wir sind hier erst weg, wenn das ganze Gelände geplättet wird.»

Doch nun wird erst mal gefeiert.